Klang als bewegte Form

(die runde Stahlscheibe)

 

Bei den Vorbereitungen während eines Installationsaufbaus einer Bodenskulptur mit kreisrunden Stahlblechen transportierten meine Aufbauhelfer und ich diese Elemente vertikal und wie große Räder rollend über den Boden. Irgendwann am Ende eines langen Tages verloren wir die Übersicht und wahrscheinlich auch die Vorsicht vor solchen Aktionen und eine dieser Scheiben mit einem Durchmesser von mindestens 2,5m entglitt unseren Händen in dieser vertikalen Position.

Einmal losgelassen begann die Scheibe im Umkippen eine eigenständige Bewegung, ganz anders als ein rechtwinkliger Gegenstand, wie ein Schrank, oder eine Türe die umfällt. Die Masse folgte der Erdanziehung nicht mit einer Bewegung, sondern in einem dynamischen rotierenden Bewegungsablauf, wie choreographiert in immer schneller werdenden auf und ab Bewegungen zum Boden hin. Dabei entwickelte sich schlagartig und im Impuls der immer schneller werdenden Rotation ein lauter und rapide ansteigender Stahlklang wie ein dynamischer schneller werdender Wirbel eines Trommlers auf dem Betonboden. Je näher der Metallkreis dabei dem Boden kam, umso schneller wurde die sich bewegende Fläche mit ihrem akut zunehmenden Resonanzklang. Die zu einem Höhepunkt strebende Bewegung der Form erreichte in ihrer Lautstärke fast vor dem Moment der platten Ruhelage ein enormes Crescendo, einen Zustand fast ohne sichtbaren Übergang, aber mit einem unglaublichen akustischen Getöse, abrupt in einen Moment der Stille, mit einem nachklingenden Augenblick der ganzflächigen Berührung, wie ein kurzes Seufzen des Materials. Der Raumhall des Museums reagierte auf das Ereignis in mehrfacher Wiederholung. 

Berlin, Februar 2000